Ratsklausur: Gute Nachrichten für Windenergie, wenig Überzeugendes fürs Parken in Bad Bentheim

Am 13. und 14. Mai ist der Bad Bentheimer Stadtrat zu einer Ratsklausur zusammengekommen. Ratsklausuren dienen dem formlosen Austausch zwischen den Ratsmitgliedern und der Stadtverwaltung. Gerade komplexere Themen lassen sich so besser besprechen als in den zeitlich sehr begrenzten und formalen Ausschuss und Ratssitzungen.

Worum ging es also, und hat es sich gelohnt?

Mehr Flächen für Windenergie kommen!

Gelohnt hat es sich auf jeden Fall in Sachen Windenergie. Klimawandel und die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl haben inzwischen auch dem letzten Nachzügler klar gemacht, dass Windenergie schnell und deutlich ausgebaut werden muss. Wie viele und welche Flächen sind in Bad Bentheim für Windräder geeignet, war die Frage, die es zu klären galt. Ein externes Büro und die Stadtverwaltung hatten vorgearbeitet, unter anderem waren Siedlungen, Naturschutzgebiete und Infrastruktur berücksichtigt worden. Am Ende sind mehr als 20 mögliche Flächen unterschiedlichster Größe identifiziert worden, zu denen erste Stellungnahmen eingeholt worden waren.

Während der Ratsklausur ging es nun darum, welche und wie viele dieser prinzipiell möglichen Flächen als Potentialflächen für Windenergie ausgewiesen werden sollen. Argumente wurden ausgetauscht, abgewogen, diskutiert. Das war spannend, gerade aus GRÜNER Sicht. Verhinderer gab es auch bei den anderen Parteien nicht, niemand forderte absurde Abstandsregeln (wie z.B. in Bayern), niemand machte Partikularinteressen geltend („… kommt nicht in Frage, da wohne ich, meine Familie…“). Am Ende haben wir uns aufgrund guter Argumente darauf geeinigt, einige Flächen zumindest im Moment nicht weiter zu betrachten. Die Mehrzahl der möglichen Flächen wird aber weiter im Detail untersucht werden. Insgesamt werden wir deutlich mehr Flächen für Windenergie zur Verfügung stellen, als gesetzlich als Mindestmaß gefordert ist – allerdings stammen diese Gesetze noch aus der Zeit vor dem Ukrainekrieg. Aus GRÜNER Sicht ein tolles Ergebnis! Bad Bentheim leistet seinen Beitrag zur Energiewende.

Parken in Bad Bentheim bleibt problematisch

Zweites Thema war das (Vorsicht, Monsterwort!) Parkraumversorgungskonzept für Bad Bentheim. Parken kann in Bad Bentheim recht problematisch und chaotisch sein. Viele Innenstadtbewohner*innen haben keine eigenen Stellplätze, die zu ihrem Haus gehören, größere Parkflächen sind rar, Gäste und Anwohner*innen konkurrieren um die wenigen verfügbaren Parkplätze. Anfang 2021 hatte die Stadt ein Interessenbekundungsverfahren für die Umsetzung eines Parkraumkonzeptes in Bad Bentheim durchgeführt. Interesse hatte die Grafschafter Parkraummanagement GmbH (GPM) der Bentheimer Eisenbahn bekundet. Stadt und GPM starteten mit der Idee, das Parken gerade in den stadtnahen Bereichen zu verbessern, neu zu organisieren und auch neue Parkplätze zu bauen. Dazu sollten auch mehr Ladesäulen für Elektroautos kommen. Okay, die GRÜNEN sind wirklich nicht für mehr Raum für Autos. Nimmt man aber noch eine Verbesserung der Fahrrad-Infrastruktur hinzu, ist das Konzept eigentlich etwas, was auch wir GRÜNE mittragen könnten.

Inzwischen ist dieses Konzept aber so weit zerhobelt worden, dass kaum mehr als eine Parkraumbewirtschaftung übriggeblieben ist. Parkplätze, die vorher kostenlos waren, sollen in Zukunft Geld kosten. Dafür gibt es dann eine Beschilderung, wo freie Parkplätze zu haben sind. Sinnvolle Verkehrsführung, neue Parkmöglichkeiten, deutlicher Ausbau der Ladesäulen, eine Verbesserung der Situation für Bewohner der Innenstadt … alles Fehlanzeige!

Das wird mit uns GRÜNEN nicht zu machen sein. Ohne überzeugendes Konzept zum Anwohnerparken werden wir nicht zustimmen. Eine Konkurrenz zwischen Anwohnern und Besuchern, die sich die Parkgebühren sparen wollen, muss ausgeschlossen sein. Außerdem muss es einen deutlichen Anteil an Parkplätzen mit Ladesäulen auf allen bewirtschafteten Parkplätzen geben. Ladesäulen können von Besuchern, aber auch von Anwohnern, die keine eigene Wallbox haben (z.B. mangels eigenen Stellplatzes), genutzt werden und sind ein Beitrag zur Mobilitätswende. Gut erreichbare Ladesäulen in größerer Anzahl sind in Bad Bentheim Mangelware. Dieser Mangel passt so gar nicht zu den ambitionierten Plänen, die Windenergie auszubauen, siehe oben.

Städtischer Haushalt und UN-Nachhaltigkeitsziele

Als drittes großes Thema ging es um die Steuerung des städtischen Haushaltes durch Zielvorgaben im Rahmen der Nachhaltigkeitsziele der UN. Sagen wir mal so: Das ist ungefähr so spannend, wie es sich anhört. Da wir auch in Zukunft noch eine lebenswerte Welt haben wollen, ist es natürlich eine gute Sache, die Arbeit einer Kommune und einer Verwaltung an Nachhaltigkeitszielen auszurichten. Nur sind formulierte Nachhaltigkeitsziele kein natürlicher Partner von Bürokratie und Verwaltung. Hinzu kommt, dass es immer deutlich einfacher ist, hohe Ziele und gute Absichten zu formulieren, als nach ihnen zu handeln. Ein Beispiel: Was nützt es, wenn man sich zu verantwortungsvollem Umgang mit Flächen verpflichtet, dann aber gewaltige Flächen für Neubaugebiete und Gewerbegebiete ausweist? Noch dazu ohne Vorgaben zu nachhaltigem Bauen, die anderswo schon lange gang und gäbe sind.

Ganz offensichtlich stehen wir hier noch am Anfang eines Prozesses.

Haben sich die anderthalb Tage Ratsklausur also gelohnt? Haben sie! Eine offene und formlose Diskussion mit Ratskolleg*innen der anderen Fraktionen bringt oft mehr als unzählige Ausschusssitzungen. Und gerade dies war in Corona-Zeiten deutlich zu kurz gekommen.

(51), Chemiker, forscht und lehrt an der Universität Twente. Glaubt an langfristig clevere Lösungen. Seit 5 Jahren im Bad Bentheimer Stadtrat. Reist leidenschaftlich. Fährt gerne Rad und Kanu, klettert – jeweils begeistert aber nicht sonderlich ambitioniert. Lebt in der Bad Bentheimer Innenstadt.

1 Kommentar

  1. Matthias Wermter

    Hallo zusammen, eine verkehrsberuhigte Schlossstraße (bei der Burg) wäre ein guter Anfang. Bad Bentheim als „Zone 30“ könnte mit Ausnahmen (Rheiner Straße; Wilhelm-Pastunink-Südstraße; Suddendorfer; …) als Projekt vorgestellt werden.

    Antworten

Kommentar verfassen

Artikel kommentieren


* Pflichtfeld

Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.

Verwandte Artikel