In der Fachklinik fehlt es an Gerechtigkeitssinn

Es ist unglaublich, aber wahr, was jetzt aus dem Innenleben der Fachklinik Bad Bentheim ans Licht gekommen ist: Die Pflegekräfte dort werden laut GN-Artikel zum Teil 25 Prozent unter dem üblichen Tarif bezahlt. Der Bürgermeister von Bad Bentheim von der SPD (!) hat es also nicht geschafft, mit dem städtischen Anteil an der Fachklinik von 25 Prozent seinen Einfluss geltend zu machen, dass in der Fachklink wenigstens nach Tarif bezahlt wird. Und auch der auf Ticket der christlich-demokratischen Union (CDU) gewählte parteilose Landrat ist offenbar bisher nicht auf diese Idee gekommen, sich für eine angemessene Bezahlung einzusetzen. Gemeinsam mit der Stiftung Fürst zu Bentheim und Steinfurt, der 50 Prozent der Anteile an der Fachklinik gehören, sind in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Millionenbeträge investiert worden, um am Markt erfolgreich zu sein und Gewinne zu erwirtschaften. Offenbar zu einem nicht unerheblichen Teil auf dem Rücken der Beschäftigten.

Den Pflegekräften aber ist nicht allein mit Beifall gedient – nicht nur in Zeiten von Corona. Denn so üppig sind deren Verdienste nun wahrlich nicht. Offenbar fehlt den Eigentümern das Bewusstsein für die Interessen der Arbeiterklasse und damit an dem Gefühl für Gerechtigkeit. Vielleicht könnten die Verantwortlichen bei ihrem nächsten Treffen ja mal darüber nachdenken, dass so etwas nicht nur fürs Betriebsklima schädlich ist, sondern es irgendwann zu einem handfesten Imageschaden führen kann, der es schwer machen könnte, dringend benötigte und vielerorts gesuchte Fachkräfte in der Pflege zu gewinnen.

Wer den GN-Artikel über die Fachklinik bis zum Ende gelesen hat, der hört von den Führungskräften eine Menge an Ausreden über die erstaunlichen Zustände, die nur vom Kern des Problems ablenken: Die Pflegekräfte erhalten nicht, was sie mindestens verdienen müssten. Gut, dass wenigstens die Gewerkschaften ihre Rolle noch ernst nehmen und so etwas wie Klassenbewusstsein verkörpern. Sie haben mit ihrer Umfrage in der Fachklinik den Stein wenigstens ins Rollen gebracht.

(63), Journalist und Diplom-Pädagoge, für GN und Eylarduswerk tätig, lange Betriebsratsvorsitzender, jetzt im Vorruhestand. Vielleser und Fußballfan (BVB). Gern auf dem Rad und in der Natur unterwegs, nicht nur in heimischen Gefilden, weil Reisen bildet. Lebt im grünen Bereich in Achterberg.

2 Kommentare

  1. Gerhard Husmann

    Der Umstand, dass die Fachklinik schon seit Jahren aus dem Tarifvertrag ausgetreten ist, ist ein Skandal. Die Gesellschafter müssen hier handeln und auf die Geschäftsführung einwirken, wollen sie nicht ihre Glaubwürdigkeit verlieren.
    Aktuell gibt es noch zwei weitere Punkte, auf die ich aufmerksam machen möchte: Das TTZ (Fitnessstudio) ist für Abonnenten nicht zugänglich und es finden keine Schwimmstunden der Rehasportgruppe mehr statt. Angeblich sollen beide bisherigen Angebote bzw. Möglichkeiten einschließlich der Schwimmstunden der Rheumaliga künftig nicht mehr möglich sein.
    Angesichts der gemeinnützigen Ausrichtung der Gesellschaft (keine Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer) sollten m.E. die Gesellschafter auch hier auf die Geschäftsführung einwirken, um das Angebot gesundheitsfördernder Maßnahmen für die regionale Bevölkerung aufrechtzuhalten.

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    • Heike Drolshagen

      Ich war davon ausgegangen, dass TTZ und Schwimmbad wegen Corona für die Öffentlichkeit zunächst gesperrt sind. Gibt es tatsächlich schon weitergehende Bestrebungen bezüglich des Ausschusses der regionalen Bevölkerung?
      Der Ausstieg aus dem Arbeitgeberverband und gleichzeitig aus der tariflichen Bezahlung erfolgte in der Zeit, als ich noch am Bad tätig war. Der damalige Geschäftsführer Klaus Kinast soll damals im Einvernehmen mit den Gesellschaftern diese Dinge betrieben haben. Der damalige Betriebsrat hat mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen gekämpft, aber letztlich gegen Betriebsführung und Gesellschafter keine Chance gehabt. Man fragt sich, warum die Gesellschafter heute anders denken sollten, haben sie doch aus dem Rücken der Beschäftigen richtig „Kohle“ gemacht. Soziale Verantwortung und Wertschätzung geht anders!

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