Die Gruppe GRÜNE / Die Linke im Bad Bentheimer Stadtrat zeigt sich entsetzt über die Art und Weise, wie der Haushalt der Stadt Bad Bentheim für das Jahr 2023 beschlossen wurde. „Das war völlig chaotisch und inhaltlich ein Blindflug, diskutiert wurde gar nicht. Was von SPD und CDU gegen unsere Stimmen beschlossen wurde, ist ein Haushalt, der Zukunftsthemen ausklammert und das Vermögen der Stadt kaputtspart“, kommentiert Magnus Wulf, Stadtratsmitglied und Fraktionsvorsitzender der GRÜNEN.
Die Verabschiedung des städtischen Haushaltes ist eine der wichtigsten Aufgaben des Stadtrates. Im Haushalt wird festgelegt, wofür in den nächsten Jahren von der Stadt Geld ausgegeben wird. Mit dem Haushalt werden die zentralen Weichenstellungen für die Zukunft getroffen. Bereits in den letzten Wochen zeichnete es sich ab, dass es Probleme geben würde. Mit Zustimmung aller Parteien hatte sich deshalb der Verwaltungsausschuss einstimmig darauf verständigt, den Haushalt 2023 erst Anfang 2023 zu verabschieden. „Dies ist nicht ungewöhnlich, der Haushalt 2022 wurde Ende Januar 2022 verabschiedet, der Haushalt 2021 sogar erst Ende März 2021“, erklärt Dr. Christian Blum, langjähriges Mitglied des Stadtrates.
„Uns hat es daher kalt erwischt, als wir drei Stunden vor der Ratssitzung am 14. Dezember eine E-Mail vom Bürgermeister erhielten, die besagte, dass man nun doch beabsichtige den Haushalt zu verabschieden. Weitere Informationen wurden zunächst nicht gegeben. Wie sich später herausstellte, war die Streichliste drei Stunden vor der Sitzung noch in Arbeit. Unfassbar!“, zeigt sich Heinz-Georg von Wensiersky (die Linke) sichtlich verärgert.
Die Präsentation der Streichliste durch den Bürgermeister in der Sitzung war dann auch ungewöhnlich holprig, und von einiger Konfusion geprägt. Was deutlich wurde, war, dass die Verwaltung an der Substanz sparen will, also dort, wo es um den Erhalt des Vermögens und der Zukunft der Stadt geht: Sozialer Härtefallfonds, Straßenerhalt, Baumpflege, Unterhalt der städtischen Immobilien, Klimaschutz, Ladeinfrastruktur, Photovoltaik auf städtischen Gebäuden – alles Posten, die zum Teil drastisch zusammengekürzt oder ganz gestrichen wurden.
Thomas Füser, Stadtrat der GRÜNEN, kommentiert dazu: „Hier zeigen sich alte Muster: Zukunftsthemen wie die Anpassung der Stadt an den Klimawandel oder Investitionen in die Mobilitätswende werden verpasst. Gleichzeitig wird das bestehende Vermögen kaputtgespart. Was wir jetzt an Kosten für Unterhaltung und Pflege sparen, schlägt in der Zukunft mit einem Vielfachen durch.“ Gleichzeitig blieb ein Posten von 1,3 Millionen Euro für „Planungskosten Campus zwischen den Ortsteilen“ unangetastet. Hier sollen bereits ab nächstem Jahr substanzielle Mittel für die Planung von wahlweise einer großen Sporthalle, von Bewegungsräumen und/oder einem Schulzentrum mit Oberschule auf dem Gelände zwischen Bad Bentheim und Gildehaus eingesetzt werden.
„Das ist schon skurril“, kommentiert Wulf, „wir bekommen unseren gegenwärtigen Haushalt wegen einiger fehlender hunderttausend Euro nicht vernünftig zusammen. Gleichzeig tut man so, als könnte man problemlos 30 bis 50 Millionen für Wunschprojekte ausgeben. Wie das finanziert werden soll, haben bisher weder der Bürgermeister noch den Parteien, die sich dafür stark machen, dargelegt. Realistisch ist das wohl alles nicht, das sind teure Luftschlösser. Trotzdem gibt man dafür schon mal 1,3 Millionen an Planungsmitteln aus. Planungskosten wohlgemerkt, da wird nichts gebaut.“
Konsequenterweise beantragte die Gruppe GRÜNE / Die Linke diese Planungsmittel in die gestrichenen Nachhaltigkeitsprojekte und die Unterhaltung des Stadtvermögens umzuschichten. Dem mochten sich die Ratsmitglieder von FDP, CDU und SPD jedoch nicht anschließen, der Antrag wurde abgelehnt. Obwohl von SPD und CDU keine einzige Nachfrage zur Streichliste gab, sah man keinen weiteren Diskussionsbedarf. Stattdessen wiesen beide Fraktionen, wie auch der Bürgermeister, vage auf eine besondere Dringlichkeit der Haushaltsverabschiedung hin, die keinen Aufschub dulde. „Die Argumente für Dringlichkeit waren nicht nachvollziehbar, besonders da noch Tage zuvor niemand von besonderer Dringlichkeit gesprochen hatte“, wundert sich Blum. Der Haushalt wurde dann mit den Stimmen der SPD und der CDU gegen die Stimmen von FDP und der Gruppe GRÜNE / Die Linke beschlossen. „Das war eine erstaunliche Sitzung. Wir waren wirklich schockiert über das formale Chaos, das Desinteresse der großen Fraktionen und über die Kurzsichtigkeit der Sparmaßnahmen. Einem solchen Haushalt können wir nicht zustimmen. Wir mussten deshalb den Haushalt 2023 für Bad Bentheim ablehnen“, schließen die Mitglieder der Gruppe GRÜNE / Die Linke.
Unfassbar! Wie gut, dass das gestoppt werden konnte!
Wir Bürger zahlen seit Jahren 370.000 € mehr an Grundsteuern, die zuzüglich einer Summe X von der Stadt in die Straßensanierung gesteckt werden sollten. Wo bleiben die dazugehörigen Sanierungen – auch dem Streichkonzert zum Opfer gefallen? Wir haben in Bad Bentheim Fußwege, die aufgrund ihres maroden Zustands schon für „Normalbürger“ schwer zu nutzen sind, für Menschen mit Behinderungen oder Senioren mit Rollator jedoch eine Zumutung darstellen, gar stellenweise gar nicht mehr nutzbar sind (z. B. Dillenweg in Gildehaus oder Berliner Ring in Bad Bentheim). Hat die Stadt vergessen, dass sie eine Unterhaltungs- und Sanierungspflicht (inklusive Herstellung von Barrierefreiheit) hat? Soll durch Prestigeprojekte (Dorfplatz in Gildehaus, Schul-und Sportzentrum zwischen den Ortsteilen von den eigentlichen „Baustellen“ abgelenkt werden? Mir ist durchaus bekannt, dass unangenehme Diskussionen gern abgewürgt wurden, aber die Diskussionskultur völlig abzustellen geht gar nicht!