Haushalt 2026: Unsere Stadt soll lebenswert bleiben!

Die letzte Ratssitzung dieses Jahres liegt hinter uns – und mit ihr die wohl wichtigste Entscheidung: die Verabschiedung des Haushalts für 2026. Unsere Haushaltsrede findet sich weiter unten. Schon ein kurzer Blick auf die Gesamtlage macht deutlich, wie herausfordernd dieses Jahr für unsere Stadt war – und dass die nächsten Jahre kaum einfacher werden.

Die Rahmenbedingungen sind schwierig: Die Einnahmen gehen zurück, gleichzeitig steigen die Ausgaben in nahezu allen Bereichen weiter an. Vor diesem Hintergrund hat uns der Haushaltsentwurf einiges abverlangt. Viele Annahmen erscheinen optimistisch, und für grüne Herzensprojekte gibt es derzeit keine Mehrheiten – schlicht auch weil kein finanzieller Spielraum mehr vorhanden ist.

Trotzdem haben wir dem Haushalt zugestimmt. Warum? Weil er – trotz aller Engpässe – weiterhin wichtige freiwillige Leistungen ermöglicht, die das Leben in unserer Stadt erst wirklich lebenswert machen. Investitionen bleiben möglich, doch auf reduziertem Niveau. Ohne Zustimmung wären zentrale Angebote – etwa die Kulturförderung, in der Jugendarbeit oder die Unterstützung unserer Vereine – ernsthaft gefährdet gewesen.

Gleichzeitig sehen wir klar: Die Zeiten finanzieller Spielräume sind vorbei. Für die kommenden Jahre brauchen wir einen neuen Realismus – in allen Bereichen, besonders bei den so oft beschworenen Großprojekten in Schule und Sport. Mit dieser Einschätzung standen wir im Rat allerdings weitgehend alleine da.

Unsere GÜNE Haushaltsrede 2026:

„Sehr geehrte Frau Ratsvorsitzende, sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Ratskollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

der Haushalt 2026 markiert einen Einschnitt für die Stadt Bad Bentheim. Nach Jahren recht stabiler Finanzen sind wir nun in den negativen Bereich gerutscht. Das ist für sich genommen noch kein Drama. Die Ergebnisse der Vorjahre verschaffen uns Luft, um Defizite auszugleichen.

Doch der Blick nach vorn gibt Anlass zur Sorge. Noch können wir investieren – wenn auch in geringerem Umfang. Noch können wir unsere Pflichtaufgaben erfüllen und zahlreiche freiwillige Leistungen finanzieren, die unsere Stadt lebenswert machen. Aber dieses „Noch“ verdient besondere Aufmerksamkeit.

Die mittelfristige Finanzplanung signalisiert, dass der Haushalt sich in einigen Jahren wieder ins Positive drehen soll. Man könnte also sagen: alles halb so wild. Doch genau hier setzen unsere Zweifel an. Ist wirklich davon auszugehen, dass wir lediglich eine konjunkturelle Delle durchlaufen? Oder erleben wir nicht vielmehr eine strukturelle Verschiebung, die Kommunen dauerhaft belastet?

Aus unserer Sicht sprechen viele Indizien für Letzteres. Die Zahl der Pflichtaufgaben wächst stetig. Bund und Länder übertragen den Kommunen immer mehr Aufgaben, ohne sie finanziell ausreichend zu entlasten, z.B. beim Kita-Ausbau, Ganztagsschule, Sozialleistungen und Klimaschutz. Gleichzeitig steigen die Kosten für Planung, Bau und Beschaffung massiv. Wer sich die aktuellen Preisentwicklungen anschaut, dem wird schwindelig. Zudem verschlechtert sich die wirtschaftliche Gesamtlage: Unternehmen stehen zunehmend unter Druck, wirtschaftliche Stabilität ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Für Kommunen führt all dies zu steigenden Defiziten, Investitionsstau und drohende Kürzungen bei freiwilliger Leistungen wie z.B. im Bereich Kultur, Sport und Jugendarbeit. Alles Bereiche, die unsere Stadt erst lebenswert machen.

Der vorliegende Haushalt bildet diese Gemengelage ab. Er sucht nach einem gangbaren Weg, mit der die Stadt die zunehmenden Probleme bewältigen kann. Doch der Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben gelingt nur durch besonders optimistische Annahmen, deren Eintritt in der Zukunft mit einem großen Fragezeichen versehen ist. Auf der Einnahmenseite sind unter anderem eine Erhöhung der Gewerbesteuer sowie erhebliche Erträge aus künftig entstehenden Wind- und Solaranlagen eingeplant.

Beides ist nicht unproblematisch. Die Gewerbesteueranhebung ist politisch noch zu beschließen und stellt eine schwierige Abwägung dar. Wollen wir Unternehmen, die ohnehin unter Druck stehen, weiter belasten? Auch die Einnahmen aus erneuerbaren Energien verdienen eine differenzierte Betrachtung. Es handelt sich hierbei um sogenannte Akzeptanzeinnahmen, die eigentlich dazu dienen sollen, den Bürgerinnen und Bürgern einen Ausgleich für die Belastungen durch diese Anlagen zu ermöglichen. Dass diese Mittel nun zur Haushaltskonsolidierung herangezogen werden, ist sicher keine langfristige Lösung. Hier wird es in den kommenden Jahren einer klaren politischen Debatte bedürfen.

Auf der Ausgabenseite geht der Haushalt hingegen von vergleichsweise niedrigen Steigerungen aus. Auch das kann aufgehen – muss es aber nicht. Insgesamt bewegt sich der Haushalt damit auf einem schmalen Grat.

Trotz dieser kritischen Punkte halten wir fest: Der Haushalt 2026 ist ein Haushalt, der die Probleme der Zukunft bereits in sich trägt, ohne heute die Handlungsfähigkeit zu verlieren. Wir können unsere Aufgaben erfüllen, wir können weiterhin wichtige freiwillige Leistungen finanzieren. Deshalb werden wir diesem Haushalt zustimmen.

Diese Zustimmung ist jedoch ausdrücklich mit einer Mahnung für die Zukunft verbunden. Es wird nicht schnell wieder bergauf gehen. Wir werden nicht einfach dort weitermachen können, wo wir früher aufgehört haben. Der finanzielle Handlungsspielraum unserer Stadt wird kleiner werden. Das erfordert einen neuen Realismus in unseren politischen Entscheidungen.

Die Zeit des „Wünsch dir was“ geht zu Ende. Große Investitionen – etwa in Schulen oder Sportanlagen – werden nur mit enormen Anstrengungen möglich sein, selbst wenn der Haushalt mittelfristig wieder positiv wird. Ein realistisches Szenario, das einen baldigen Start großer Bauprojekte erlaubt, ist derzeit nicht erkennbar. Auch die Hoffnung auf milliardenschwere Investitionsprogramme des Bundes erscheint eher vage.

Vor diesem Hintergrund müssen wir umdenken. Wir sollten aufhören, auf die perfekte, die beste Lösung zu warten, die dann doch nie kommt. Stattdessen brauchen wir einen pragmatischen Ansatz: kluge, vielleicht auch unkonventionelle Lösungen, die nicht ideal, aber realistisch, finanzierbar und umsetzbar sind.

(51), Chemiker, forscht und lehrt an der Universität Twente. Glaubt an langfristig clevere Lösungen. Seit 5 Jahren im Bad Bentheimer Stadtrat. Reist leidenschaftlich. Fährt gerne Rad und Kanu, klettert – jeweils begeistert aber nicht sonderlich ambitioniert. Lebt in der Bad Bentheimer Innenstadt.

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